IDaHoBIT 2024: Gemeinsam gegen Ausgrenzung und Hass!

Immer mehr LGBTIQ* werden Opfer von Hate Speech und Gewalt

Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans-Feindlichkeit am 17. Mai pocht die Münchner Community erneut auf die Umsetzung eines queeren Aktionsplans. Auch mit queeren Menschen aus Uganda zeigt sie sich solidarisch.

München, 15. Mai 2024 – Der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Trans- und Inter-Feindlichkeit gilt als kleine Schwester des CSD. Weltweit gehen Menschen der LGBTIQ*-Community am 17. Mai auf die Straße, um auf ihre Situation als vulnerable Gruppe aufmerksam zu machen und Forderungen an Politik und Gesellschaft zu richten.

So auch in München: Am Freitag wird die Münchner Community ab 19.30 Uhr vom Marienplatz aus ihren Protest starten, erst mit Kundgebungen, dann per Demozug quer durchs Glockenbachviertel bis vors Sub. Alle Infos zum Ablauf hier

Bilanz nach einem Jahr: Wo steht der Aktionsplan?

Vergangenes Jahr schon haben die Veranstalter*innen des IDaHoBIT, der CSD München und seine Trägervereine Sub, Münchner Aids-Hilfe, LesCommunity, diversity München und die Rosa Liste, mit der gesamten Münchner Community zur Verabschiedung eines queeren Aktionsplans aufgerufen. Es war Wahljahr und bis heute ist Bayern das einzige Bundesland ohne einen solchen Maßnahmenkatalog, der mehr Gleichstellung und Akzeptanz für LGBTIQ* bringen soll. Zeit, Bilanz zu ziehen: Wo steht der Aktionsplan nach einem Jahr? Und wie steht es um die Situation queerer Menschen in Bayern?

Strong!: Mehr Angriffe, neue Meldestelle für Hate Speech

Zieht man die aktuellen Zahlen von Strong!, der bayernweiten LGBTIQ*-Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt heran, zeigt sich, dass Gewalt und Diskriminierung in Bayern zunehmen, mindestens mehr zu Tage treten. Demnach wurden 2023 bei Strong! 230 Vorfälle gemeldet - das sind 71 mehr als im Vorjahr.

Inwieweit hieraus ein Anstieg der LGBTIQ*-Feindlichkeit in der Gesellschaft insgesamt abgeleitet werden kann, bleibt unklar: Immerhin ist die Fallstatistik nicht repräsentativ. Dennoch sei, wie die Polizei selbst bekundet, von einer hohen Dunkelziffer nicht gemeldeter Vorfälle auszugehen, so Annina E., Beraterin bei Strong! Es geht um Beleidigungen, Bedrohungen, Diskriminierung, aber auch um tätliche Angriffe.

Das gesellschaftspolitische Klima wird rauer. Debatten werden mit viel Empörung geführt, schlagen oft in verbale Gewalt und mitunter in körperliche Angriffe um. Eine Entwicklung, die sich im vergangenen Jahr insbesondere bei einer Drag-Lesung in München und bayernweit auf vielen CSDs manifestierte, bei denen sich etliche Besucher*innen queerfeindlicher Attacken erwehren mussten.

Hassrede: Mensch muss sich wehren!

Theresa "BiMän" Bittermann hat das selbst erlebt. Die queere DJ* und Producerin bezog im Bayerischen Fernsehen vor wenigen Monaten bei einer Reportage zum Thema Gendern Stellung– und zwar dafür! Seitdem fallen rechte und konservative Aktivisten mit Hassrede, Beleidigungen und Drohungen über sie her. Sie hat – auch mit Unterstützung von Strong! – sämtliche Kommentare zur Anzeige gebracht; die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung. Bittermann sagt: "Ich finde es wichtig, sich in so einer Situation Hilfe zu holen und sich zur Wehr zu setzen." Auch wenn das Aufwand bedeute und sie die Polizei von ihrem Fall erst überzeugen musste.

Für Fälle wie diesen hat Strong! seit 2023 ein neues Angebot im Programm. Bayernweit betreibt die Fachstelle mit dem Justizministerium die einzige Hate-Speech-Meldestelle für LGBTIQ* in Bayern, bei der Betroffene und auch Zeug*innen Hassrede melden können. Strong! prüft die Eingaben, unterstützt bei der Dokumentation und Einschätzung der Meldung und stößt gegebenenfalls eine strafrechtliche Verfolgung durch die zuständige Staatsanwaltschaft beim Justizministerium an.

Internationale Solidarität mit queeren Menschen aus Uganda

Am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Trans- und Inter-Feindlichkeit zeigt sich Münchens Community aber auch solidarisch mit queeren Menschen außerhalb Bayerns und macht exemplarisch auf die Situation in Uganda aufmerksam, wo LGBTIQ* aufgrund einer neuen Gesetzgebung um ihr Leben fürchten müssen.

"Ugandas neues Anti-LGBTIQ*-Gesetz von 2023 ist eines der härtesten der Welt und kann die Todesstrafe bedeuten", sagt Anita Beneta, Beraterin bei der Geflüchtetenberatung im Sub. Menschen aus Uganda würden aber weiterhin häufig aus Bayern abgeschoben, betont Julia Bomsdorf, Person für Öffentlichkeitsarbeit bei der LeTRa Lesbenberatung.

Sub und LeTRa fordern deshalb, Asylanträge von Personen aus Uganda, die schon vor 2022/2023 gestellt wurden, zu überprüfen und auf Grundlage der aktuellen Gesetzgebung neu zu bewerten.

"Wenn ich jetzt nach Uganda abgeschoben würde, würde ich zum Tode oder zu 40 Jahren Haft verurteilt", sagt der Geflüchtete Patrick S, der im Sub betreut wird. "Dabei dachte ich, ich sei jetzt in einem sicheren Land. Es ist ihnen egal, was mit mir passiert, wenn ich zurückkehre."

Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!

Es ist diese Gemengelage, die einen queeren Aktionsplan nötiger denn je erscheinen lässt. Markus Apel, Sprecher vom LSVD Bayern, sagt, der Prozess laufe. Das Sozialministerium hat die Aufgabe bekommen, in den nächsten Jahren zusammen mit der LGBTIQ*-Community geeignete Maßnahmen zu definieren, aber die Staatsregierung torpediert das Vorgehen immer wieder, etwa durch das Verbot, in Behörden, an Universitäten und Schulen zu gendern. Außerdem lehnt Bayern das neue Selbstbestimmungsgesetz ab.

Markus Apel sagt: "Im Jahr 2024 kann auch Bayern die gesellschaftliche Realität nicht mehr ignorieren: Queere Menschen gehören zu Bayern. Der Freistaat muss aber auch endlich seiner Pflicht nachkommen, sie vor Diskriminierung und Gewalt zu schützen! Nur mit ernsthaftem politischen Handeln, einer konsequenten Anerkennung von diversen Lebensrealitäten und einem wirksamen Aktionsplan gegen Queer-Feindlichkeit kann das gelingen."

Jahrzehntelang habe die Community für einen solchen Aktionsplan gekämpft. "Doch mit Lippenbekenntnissen, planlosen Beteiligungsverfahren und queerfeindlicher Stimmungsmache droht die Gefahr, dass der finale Aktionsplan ein Papiertiger wird, der weder ausreichend finanziert, noch gesamtgesellschaftlich wirksam ist."

Die politischen Forderungen von 2023 haben Bestand

Beim IDaHoBIT fordern die Veranstalter*innen deshalb die Umsetzung aller Maßnahmen, die Bayerns LGBTIQ*-Community 2023 in ihrem zivilgesellschaftlichen Maßnahmenkatalog erarbeitet hat.

Dazu gehören: flächendeckende Beratungsangebote in allen Regierungsbezirken, Investitionen in queere Bildungsarbeit an bayerischen Schulen, ein diskriminierungsfreier Zugang zu medizinischen Leistungen, eine konsequente Strafverfolgung und Sensibilisierung von Polizei und Justiz.

Dafür protestiert Münchens LGBTIQ*-Community am 17. Mai beim IDaHoBIT. Ganz München ist aufgerufen, sich anzuschließen.

 

IDaHoBIT 2024

19.30 Uhr Start mit Kundgebungen am Marienplatz

Markus Apel (LSVD Bayern), Moderation

19:35 Uhr
Charlie Pitzer (AroSpAce / diversity München)

19:40 Uhr
Stephanie Gerlach (Regenbogenfamilienzentrum / LesCommunity)

19:45 Uhr
Kasagga Rogers (People like us - PLUS)

19:50 Uhr
Bianka Hanusch-Vonthin (Bi+ München)

19:55 Uhr
Elisabeth Biendl

20:00 Uhr
Martin Korinth (Münchner Löwen Club)

20:05 Uhr
Jonas Fischer (TransMann)

20:10 Uhr
Markus Apel und Alexander Kluge, CSD München

20.15 Uhr Demozug über Tal, Isartor, Frauen- und Reichenbachstraße, Gärtnerplatz und Cornelius- bis zur Müllerstraße vors Sub

Mit freundlicher Unterstützung der Münchner Regenbogenstiftung.

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Seit 1980 demonstrieren LGBTIQ* in München für gleiche Rechte und Akzeptanz. Der CSD der Landeshauptstadt gehört zu den großen Pride-Veranstaltungen in Europa. Getragen wird er vom Lesbisch-Queeren Verein LesCommunity, dem Schwul-Queeren Zentrum Sub, der Münchner Aids-Hilfe, der Wähler*innen-Initiative Rosa Liste und der Queeren Jugendorganisation diversity. www.csdmuenchen.de

Seit 1986 setzt sich das Schwul-Queere Zentrum Sub für die Belange schwuler, inzwischen auch bisexueller und queerer Männer sowie von trans* Personen ein. Der gemeinnützige Verein bietet psychosoziale Beratung, auch für Geflüchtete, Fortbildungen zu queerem Leben, Programme zu sexueller Gesundheit und beherbergt die LGBTIQ*-Fachstelle gegen Diskriminierung und Gewalt Strong! Im Sub finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt, dort treffen sich auch viele Selbsthilfe- und Freizeitgruppen der Münchner Community. Das Café in der Müllerstraße 14 ist täglich geöffnet. www.subonline.org

LeTRA ist die Beratungsstelle des LesCommunity e.V. Der Verein bietet persönliche und telefonische Beratung, Einzel- und Paartherapie, begrüßt Gruppen, explizit auch FLINTAs mit Migrationshintergrund sowie Geflüchtete. Wie das Sub ist LesCommunity Mitveranstalterin des Münchner CSD und setzt sich über Öffentlichkeitsarbeit und mit Fortbildungen für gesellschaftliche Bedingungen ein, die frei sind von Tabus, Ignoranz, Diskriminierung und Gewalt gegenüber FLINTAs. Selbstverständlich versteht sich LeTRA auch als Treffpunkt, als Ort für Begegnung und Austausch. Regelmäßig finden in ihren Räumen Veranstaltungen statt. www.letra.de

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Kontakt:

Conrad Breyer

Pressereferent CSD München, Sub

01701859705

conrad@csdmuenchen.de, presse@subonline.org

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