Vorsichtige Schritte in die Öffentlichkeit!

Beim CSD demonstrieren Lesben, Schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen, kurz LGBTIQ*, wieder in der Innenstadt.

Auf der Theresienwiese bespielen die Veranstalter*innen außerdem eine Kulturbühne –alles unter strengen Corona-Auflagen. Einen Live-Stream als Ersatz für PolitParade und Straßenfest gibt es trotzdem. Das Format kam schon 2020 gut an.

München, 1. Juli 2021 – Die Inzidenz sinkt und die Hoffnung auf Normalität wächst. Die Community will wieder raus auf die Straßen und Plätze der Stadt. Und dafür bietet die Politik - wenn auch pandemiebedingt mit Einschränkungen - gerne ein Forum: "München ist eine bunte, eine vielfältige Stadt. Hier kann man gut leben, ganz egal, wen man liebt", sagt Katrin Habenschaden, Zweite Bürgermeisterin der Landeshauptstadt.

PRESSEMAPPE ZUM CSD MÜNCHEN 2021

BILDMATERIAL ZUM CSD MÜNCHEN 2021

Aber Toleranz sei noch längst keine Akzeptanz, auch hier in München nicht. Deshalb brauche es den CSD und die Unterstützung dafür bis heute. Habenschaden sieht darin auch einen Akt gesellschaftlicher Solidarität.

Sichtbarkeit im Kampf um gleiche Rechte und Akzeptanz

ist zentral. "Sie hilft, Vorurteile abzubauen und schafft Empathie für die Anliegen der LGBTIQ*-Community", sagt Thomas Niederbühl, politischer Sprecher des Münchner CSD. Er freut sich, dass es auch im zweiten Corona-Jahr wieder eine gute Mischung aus „Off- und Online-Veranstaltungen“ zum CSD gibt, einige davon sogar draußen. "Mit dem CSD wollen wir so viel queere Sichtbarkeit und Gemeinsamkeit wie möglich", sagt der Stadtrat der Rosa Liste.

In der PrideWeek, in der sich neben dem CSD selbst viele LGBTIQ*-Organisationen der Stadt mit eigenen Events hervortun, wagen die ersten Veranstalter*innen neben Online-Formaten erste Schritte ins echte Leben. Für den CSD heißt das: Außer Live Stream und dezentraler Demo-Aktion wie 2020 kommen jetzt noch Kulturbühne und Radl-Demo dazu. "Auch wenn wir wegen der unvorhersehbaren Entwicklungen recht kurzfristig in die Planungen einsteigen mussten", sagt CSD-Geschäftsführer Alexander Kluge. Der CSD 2021 sei schon ein Kraftakt gewesen. "Aber es hat sich gelohnt."

Die gesamte Münchner Community versammelt sich 2021 unter dem Motto "Proud. Human. Queer." Der Grundgedanke der Pride-Bewegung, Solidarität, gegenseitige Hilfe, soll auch im zweiten Corona-Jahr wieder im Zentrum des Christopher Street Day stehen. Münchens LGBTIQ* stellen in der PrideWeek heraus, was sie zusammenbringt: der Blick auf das, was sie als Menschen ausmacht, unabhängig von allen Labels, der Stolz auf das Erreichte, der Wunsch nach Zusammenhalt gegen Ausgrenzung und Diskriminierung.

PrideWeek 3. bis 11. Juli

Über 40 Veranstaltungen bieten Münchens LGBTIQ*-Vereine, -Gruppen und -Initiativen in der PrideWeek an. Das geht vom Dyke*March über Slacklinen, Workshops und Führungen durch die Ausstellung "Unheimlich schön" von Erwin Olaf, der am Samstag, 10. Juli, 17 Uhr, in der Theatinerstraße 8 in der Kunsthalle sogar den Ausstellungskatalog signiert, bis zum Zoobesuch zum lesbisch-schwulen-trans*-Verhalten von Tieren. MEHR

"Ich bin wirklich beeindruckt von dem abwechslungsreichen Programm, das auch dieses Jahr wieder so viele Menschen gemeinsam organisiert haben", sagt Julia Bomsdorf, Sprecher*in des CSD. "Die Community hat viele innovative Lösungen dafür gefunden und so freue ich mich besonders darauf, nach der Zwangspause 2020 mit der Dyke*March Radl-Demo und einer Online-Version des Lesbischen Angertorstraßenfestes in die PrideWeek zu starten."

Zwei Veranstaltungen richtet der CSD, der sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig den Themen Trans* und Osteuropa widmet, in der PrideWeek selbst aus. Am Mittwoch, 7. Juli, stellt sich im Sub, Müllerstraße 14, ab 19.30 Uhr und auf Zoom Das neue TransInterNichtbinärQueer-Netzwerk, kurz TINQnet vor, in dem sich Münchens Trans*- und Inter*-Gruppen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Das TINQnet will unter anderem das Transsexuellengesetz abschaffen

und durch eine Regelung ersetzen, die die Selbstbestimmung der Betroffenen mehr in den Fokus rückt. "Wir müssen einen einfacheren Weg für die Änderung des Personenstands finden", sagt die Trans*-Aktivistin Patricia Schüttler vom Verein Trans-Ident. Noch wichtiger aber ist ihr, dass Aufklärung über LGBTIQ* einen festen Platz in den Lehrplänen findet. "So wird Kindern und Jugendlichen vermittelt, dass trans* etwas ganz Normales ist."

Am Donnerstag, 8. Juli, 19.30 Uhr, diskutiert, ebenfalls im Sub, ein Panel zur Lage in Polen. Dort hat sich die Situation für queere Menschen der homo- und trans*-feindlichen Kampagnen ihrer Regierung wegen deutlich verschlechtert. Viele Städte und Landkreise erklärten sich zu LGBTIQ*-freien Zonen. Zu Gast ist Mariusz Kurz, Chefredakteur von Replika, dem einzigen LGBTIQ*-Magazin des Landes.

"Gerade in Polen, aber auch in Ungarn sind politisch enorme Rückschritte zu beobachten", sagt Anita Koziol vom CSD-Organisationsteam. Sie hat für den Live Stream am Samstag, 10. Juli, ein Podium zu Osteuropa zusammengestellt, an dem auch Mariusz Kurz teilnehmen wird. "Wir wollen auf die Missstände hinweisen, Solidarität mit den LGBTIQ*-Communitys vor Ort zeigen, wie wir es vor Kurzem beim EM-Spiel Deutschland-Ungarn getan haben und wie wir das seit Jahren in unserer Partnerstadt Kyjiw vorleben. Die EU kann und muss hier mehr Druck machen." In Kroatien und Serbien zum Beispiel habe sich auch deshalb die Lage zuletzt etwas verbessert.

CSD-Wochenende, 9. bis 11. Juli

Erster Höhepunkt des CSD-Wochenendes wird die Dezentrale Demo-Aktion am Samstag, 10. Juli, 12 Uhr. An über 60 Positionen zeigen sich die LGBTIQ*-Vereine, -Gruppen und -Initiativen der Stadt – pandemiegerecht in großen Abständen voneinander. Vom Sendlinger Tor bis zum Odeonsplatz, vom Stachus bis zum Marienplatz stehen sie wahrnehmbar für ihre Anliegen ein. Die Aktion fand schon im vergangenen Jahr ihre Fans: Auf 45 Demo-Spots zeigten über 300 Menschen Flagge. MEHR

Der Live-Stream kehrt mit noch mehr Sendestunden zurück und läuft über zwei Tage. Nach dem Erfolg im vergangenen Jahr - den Stream schauten im Schnitt durchgehend 1200 Leute - bringt der CSD neue Talk-Runden zu allen möglichen Themen, die LGBTIQ* beschäftigen. Wir senden aus dem Kulturzentrum Bellevue di Monaco.

Am Freitagabend, 9. Juli, beginnt das Pride-Magazin um 20 Uhr und endet – nach einer längeren Pause in der Nacht - am Samstag, 10. Juli, ebenfalls um 20 Uhr. Im Zentrum stehen Trans*-Themen und Osteuropa, aber freilich wird es auch Gespräche und Interviews zu anderen Feldern geben: Fetisch, queere Kunst, LGBTIQ* in der Geschichte, Fußball. Dazu: Drag Queens und ein King, Impro Lip Sync, Community-Videos. Als Gast des Tages hat sich am 10. Juli, 14 Uhr, Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth angekündigt, die über die Kampagne „Grundgesetz für alle“ spricht. Und abends, gegen 19.20 Uhr, begrüßt das Moderationsteam Theresa „BiMän“ Bittermann und Bernd Müller die Princess Charming Irina Schlauch aus der gleichnamigen lesbischen Dating-Show. MEHR

Parallel schalten wir immer wieder zur Theresienwiese

und präsentieren die Künstler*innen der CSD- Kulturbühne mit ihren Songs im Live Stream. Endlich wieder Kultur – wenn auch nur für 500 Zuschauer*innen! Auf der Theresienwiese unterhalb der Bavaria bespielen wir von 12 bis 22 Uhr im Rahmen von „Sommer in der Stadt“ einen Tag lang Resls Kollektivgarten mit DJs, Drag Show und Musik queerer oder queerfriendly Bands. All diejenigen Künstler*innen bekommen 2021 ihren Live-Auftritt, die im vergangenen Jahr wegen Covid nur im Stream zu sehen waren. MEHR

Sonntag geht es ein zweites Mal auf die Straße zur Radl-Demo. Sternförmig fährt die Münchner Community auf ihren Bikes von fünf Startpunkten aus am 11. Juli ab 13 Uhr ins Zentrum, wo München den CSD 2021 an zentralem Ort beschließt. Die Anzahl der Teilnehmer*innen ist begrenzt, weshalb sich die Leute im Vorfeld anmelden mussten. Pro Route sind 200 Leute zugelassen, sodass bei der Abschlusskundgebung am Ende maximal 1.000 Personen neben ihren Rädern stehen werden. Dort treten Vertreter*innen der verschiedenen LGBTIQ*-Vereine für Reden ans Pult. MEHR

Seit 40 Jahren demonstrieren LGBTIQ* in München für gleiche Rechte und Akzeptanz. Bei der größten Veranstaltung der Community im süddeutschen Raum, die getragen wird von der Lesbenberatung LeTRa, dem Schwulen Kommunikations- und Kulturzentrum Sub, der Münchner Aids-Hilfe, der Wähler*inneninitiative Rosa Liste und neuerdings der LGBTIQ*-Jugendorganisation diversity, finden innerhalb einer neuntägigen PrideWeek normalerweise mehr als 60 Veranstaltungen statt. Höhepunkte sind die PolitParade durch die Innenstadt mit 155.000 Teilnehmer- und Zuschauer*innen (2019), das zweitägige Straßenfest rund um den Marienplatz und das Party-Event RathausClubbing.

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