PrideWeeks 14.-29. Juni '25

Ein neuer Spitzenkandidat der Rosa Liste für alle

05/2025 > Vom Team PrideGuide

Ein Interview mit Bernd Müller – Zeitenwende in der Rosa Liste: Nach 30 Jahren wird Thomas Niederbühl bei den Kommunalwahlen im März 2026 nicht mehr für den Stadtrat kandidieren. Zu seinem Nachfolger auf Listenplatz 1 wurde vergangenen Februar Bernd Müller gewählt. Der 57-Jährige Redakteur ist seit 1988 in der Münchner Szene aktiv‚ arbeitet bei der Münchner Aids-Hilfe‚ als Chefredakteur des LEO-Magazins sowie als Tanztrainer bei Team München‚ außerdem ist er beim CSD und anderen Events engagiert. Wir haben mit ihm über seine Kandidatur und Motivation gesprochen.

PrideGuide: Bernd, was bedeutet es für dich, neuer Spitzenkandidat der Rosa Liste zu sein?
Bernd: Zum einen ist es mir eine Freude und eine Ehre‚ dass die Mitgliederversammlung mir das Vertrauen geschenkt hat. Ich hatte intern starke Konkurrent*innen – alles großartige Menschen‚ die mir in Zukunft hoffentlich als Freund*innen und Ratgeber*innen erhalten bleiben. Zum anderen ist es eine große Aufgabe‚ denn die Zeiten‚ in denen wir uns befinden‚ sind herausfordernd – vor allem durch rechte Strömungen und knappe Haushaltsmittel. Ich habe aber große Lust‚ mich für die Community einzusetzen‚ in der ich seit 37 Jahren zuhause bin. Und nicht zuletzt deshalb möchte ich dieses Zuhause lebenswert erhalten‚ weiter ausbauen und alle einladen‚ ein Teil davon zu sein.

PrideGuide: Wie fühlt es sich an, in die Fußstapfen eines Thomas Niederbühl zu treten?
Bernd: So denke ich nicht. Thomas war 30 Jahre im Stadtrat und hat dort für die Rosa Liste unglaublich viel erreicht. Was in den letzten Jahrzehnten in München für LGBTIQ* passiert ist‚ ist beeindruckend – aber auch einer Zeit geschuldet‚ in der es noch wenig Angebote gab und man eine Menge in Gang bringen konnte. Heute ist in München vieles geschafft und die Ausgangslage eine andere. Daher sollten Thomas’ Fußstapfen in Gold gegossen werden – ich aber muss versuchen‚ eigene zu hinterlassen.

PrideGuide: Auf Thomas Niederbühl folgt also der nächste cis-schwule, weiße Mann.
Bernd Müller: Ich hätte mir sehr gut vorstellen können‚ dass 2026 eine junge‚ diverse Generation das Zepter übernimmt. Doch wir haben schlicht (noch) nicht die passenden Menschen‚ die sich dafür zur Verfügung stellen. Rosa Liste hat auch Jüngeren viel zu bieten‚ und ich bin sicher‚ dass es uns langfristig gelingt‚ so attraktiv für jüngere Wähler*innen zu sein‚ dass auch sie Ämter übernehmen möchten. Der Generationenwechsel wird also mittelfristig kommen. Aktuell aber halte ich mich für den richtigen Mann: Ich verfüge über jahrzehntelange Erfahrung in allen Bereichen der Münchner Community‚ über ein sehr gutes Netzwerk‚ bin nicht auf den Mund gefallen‚ freundlich‚ eloquent‚ interessiert und diplomatisch – außerdem kann ich mich gut in Themen einarbeiten und sie nach außen vertreten. Ich denke‚ ich bin der Typ‚ auf den sich unsere diverse Community einigen und von dem sie sich gut vertreten lassen kann.

PrideGuide: Als Szene-Journalist, Aktivist und Community-Kenner bist du in der Community bekannt, als Politiker bislang nicht.
Bernd Müller: Richtig‚ ich habe zwar die Rosa Liste 1989 mitgegründet‚ da ich aber beruflich die meiste Zeit journalistisch tätig war‚ nahm ich lange Zeit eher die Rolle des Beobachters und Kommentators  ein – was übrigens auch seine Vorteile hat‚ denn ich habe gelernt‚ zuzuhören‚ beide Seiten der berühmten Medaille zu sehen und zu verstehen.

PrideGuide: Und warum jetzt?
Bernd Müller: Jetzt ist eine Zeit gekommen‚ in der wir alle um das kämpfen müssen‚ was wir in den letzten Jahrzehnten erreicht haben. Ich bin in der Szene relativ bekannt‚ gut vernetzt und wie gesagt: zuhause. Da fühle mich in der Pflicht‚ die Stadt für LGBTIQ* lebenswert zu erhalten. Die Vorstellung‚ Rosa Liste könnte 2026 den Einzug in den Stadtrat verpassen‚ ist für mich in jeder Hinsicht eine Horrorvorstellung. Das darf nicht passieren und motiviert mich ungemein‚ politisch aktiv zu werden – für Rosa Liste‚ vor allem aber für unsere Community.

PrideGuide: Wie möchtest du sicherstellen, dass es am 8. März 2026 wieder für einen Sitz im Stadtrat reicht?
Bernd Müller: Dazu möchte ich die Community aktivieren‚ aber auch die Stadtgesellschaft. Der Community müssen wir klar machen‚ dass wir Zusammenhalt und Solidarität brauchen‚ soll München eine attraktive Stadt für uns bleiben. Gerade jetzt‚ wo rechte Sprüche und Gewalt gegen Queers salonfähig werden‚ darf sich niemand zurückziehen. Ich wünsche mir‚ dass die Menschen einen Angriff auf einen Buchstaben von LGBTIQ* als Angriff auf uns alle begreifen und dass wir ein Bewusstsein dafür entwickeln‚ eine echte Gemeinschaft mit gemeinsamen Zielen zu sein. Andererseits müssen wir auch die heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft für uns gewinnen: Diese Hunderttausende‚ die beim CSD am Straßenrand stehen und die Regenbogenfahne schwingen‚ mit uns feiern und demonstrieren. Deren Sympathien sollten wir in Stimmen für Rosa Liste ummünzen und allen klar machen: Eine Gesellschaft‚ in der Community-Qualitäten eine größere Rolle spielen‚ wird offener‚ toleranter und solidarischer‚ wird im besten Fall von einer Gesellschaft zur Gemeinschaft. Oder anders: Mehr rosa tut allen gut!

PrideGuide: Auch in anderen Parteien gibt es offen queere Kandidat*innen. Warum braucht es eine Rosa Liste?
Bernd Müller: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Mit einer eigenen Gruppierung ist man schlagkräftiger als mit der x-ten queeren Person innerhalb einer anderen Partei. Denn als Rosa Liste kann man sich nicht nur inhaltlich stärker auf LGBTIQ*-Themen konzentrieren‚ sondern hat zudem weitere Möglichkeiten wie beispielsweise Antragsrechte. Auch in einer Fraktionsgemeinschaft bleibt man Stimme‚ Gesicht und Gewicht unserer Community und kann in Ausschüssen und anderen Gremien vertreten sein. Diesen politischen Bonus darf sich die Münchner LGBTIQ*-Community nicht aus der Hand nehmen lassen.

PrideGuide: Mit welchen Inhalten ziehst du in den Rosa Liste Wahlkampf?
Bernd Müller: München hat vieles‚ was sich andere Kommunen wünschen. Damit das so bleibt‚ ist eine der wichtigsten Aufgaben‚ das Erreichte zu bewahren‚ aktuellen Bedarfen anzupassen und auszubauen. Konkrete Wünsche sind z.B. das Zentrum für trans*‚ inter* und nicht-binäre Personen‚ mehr Räume für geschütztes Wohnen‚ Maßnahmen im Kampf gegen Gewalt und Hate Speech‚ der Aufbau eines Sicherheits-Netzwerks für queere Einrichtungen‚ politische Maßnahmen gegen die LGBTIQ*-Feindlichkeit‚ Unterstützung queerer Geflüchteter‚ Förderung von Präventions- und Gesundheitsangeboten oder die stärkere Berücksichtigung mehrfach diskriminierter Menschen. Man sieht: Die Themen werden nicht ausgehen und das Engagement für Queers wird weiter

Danke Bernd und viel Erfolg!

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@berndmueller_rosaliste